Folge 181: Der Fußballgott hört Radio – Die ARD-Hörfunkkonferenz (Gäste: Edgar Endres und Julia Kleine)

Für Millionen ist der „Tooor“-Schrei im Ohr der Himmel auf Erden. Wer hat getroffen, ist es mein oder der andere Verein? Die Stimme des Spieltags hat alle Farben und das macht das Erlebnis ARD-Hörfunkkonferenz zu einem Unikat, das es übrigens schon länger gibt als die Bundesliga selbst. Der Fußball ist im Radio auf schöne Weise stehengeblieben, obwohl der Ball dort ununterbrochen rollt. In keinem anderen Medium steht das Spiel immer noch so im Fokus. Kommentatorinnen und Kommentatoren schaffen Bilder im Kopf, ganz ohne Heatmaps, kalibrierte Linien oder eine Holding Six. Es zählt nur Verortung, Verortung, Verortung. Wer schweigt hat den Ball und damit die Hörerschaft verloren. Radio bedeutet Timing und Reaktionsvermögen. Auf verbaler und technischer Ebene. Kommentator Edgar Endres vom Bayrischen Rundfunk kann in 45 Sekunden das Bundesliga-Finale von 2001 zusammenfassen und uns in 30 Sekunden die Faszination Radio-Reportage vor Augen führen. Natürlich hat es ihm auch bei Nachholspiel nicht die Sprache verschlagen. Jede Antwort zieht hinein in die womöglich anspruchsvollste Form der Bundesliga-Berichterstattung. Julia Kleine gewinnt mit dem Wort Multitasking jede Scrabble-Runde und jeden Spieltag. Als Moderatorin von „Sportschau Live“, der Konferenz im Netz, hat sie nicht nur die Fäden zwischen den Stadien in der Hand, sie sorgt auch noch für Musik in den Ohren.

Nachholspiel dreht wieder das Radio auf. Olli und sein Karriere-Jingle WDR 2. Hans und sein Schleudertrauma Amazon Music und Mario wird endlich von dieser legendären Münchener Festnetznummer angerufen und taucht dann auf einmal bei unseren Gästen vor der Haustür auf.

Folge 180: „Der beste Zweitligist der Welt“ – Alemannia Aachen 2004/05 (Gast: Erik Meijer)

Der schnellste Weg nach Europa geht über den DFB-Pokal. Alemannia Aachen ging einmal über Los und spielte sich als erster Zweitliga-Verein der Geschichte in die 3. Runde. Sensation, Gänsehaut und Erik Meijer waren die bestimmenden Schlagwörter der sich überschlagenden Überschriften. Der Sky-Taktik-Experte kann das Spiel heute nur so gut lesen, weil er als Kapitän des Underdogs so viel über Teamstärke, Effizienz und Durchsetzungsvermögen lernte. Mit stolzen 34 Jahren hatte er in seiner Karriere eigentlich alles schon erlebt, aber manchmal erleben Konzerte mit der Zugabe auch erst ihre besten Momente. Lille, Sevilla, Athen – die Alemannia auf großer Europa-Tournee. Trainer Dieter Hecking, Moses Sichone, Willi Landgraf, Simon Rolfes, Kai Michalke, Torjäger Meijer – nur Headliner! Wir lassen das Wunder wieder aufleben. Tivoli in Köln, das perfekte Karriereende, ganz viel Love im Angriff, Patrick Kluivert ist schon wieder im Allgäu und dann zaubert Mario Kommentator Matthias Stach auch noch zurück nach Island. Verrücktes Nachholspiel, verrücktes Alemannia Aachen.

Folge 179: Alan Shearer – all Premier League long

Nachholspiel ist zurück aus der Sommerpause und die Community jubelt mit einer Hand ausgestreckt in Richtung Himmel, untermalt von Lionel Richies Gute-Laune-Hit „All Night long.“ Mehr hätten wir Englands Stürmer-Legende Alan Shearer eigentlich nicht huldigen können. Seine Lieblingspose und sein Lieblingssong bereits im Folgentext verewigt. Wenn da nicht noch dieser Rekord wäre. Zwischen 1992 und 2006 erzielte der 183 cm große Strafraum-Riese in insgesamt 441 Premier-League-Spielen 260 Tore. Kein anderer Spieler traf häufiger. Oder, Harry Kane? Von Southampton über Blackburn zurück in seine Geburtsstadt Newcastle kletterte er die sportliche und geographische Karriereleiter im Eiltempo nach oben. Aushängeschild der Three Lions und Torschützenkönig bei der Heim-EM 1996. England hatte Charlton, Moore und Lineker, doch keiner war so sehr Knipser- und Kurierservice in einer Person wie Shearer.

Nachholspiel streift sich sein charakteristisches schwarz-weißes Trikot über und verschafft sich Platz für einen langen Jubellauf. Wir verraten euch, dass die Blackburn Rovers mal Meister waren, Spielerfrauen an die Macht gehören und warum Shearer bis heute immer noch „zunächst einmal das Leben genießt.“

Folge 178: Kater im Trainingslager

Es war einmal auf Schalke. Trainer Diethelm „Ferner-Branca“ und Angreifer Klaus (Be)Täuber verliefen sich im Wald und fanden nach 5 1/2 Stunden völlig ausgepumpt zum Rest der Mannschaft wieder. Klingt nach Schnitzeljagd in „Jack-Grealish-Triplefeier-Warnweste“, Alkohol soll aber nicht im Spiel gewesen sein. Und das obwohl Täuber Bier und Kippen wie Lachgummi wegmachte – Hauptsache gesund! Früher war mehr Likör, vor allem in der Vorbereitung. Malente, „Schlucksee“ und natürlich der Klassiker unter allen Bandagierten und Fußlahmen: „Donausauf“ ist nur einmal im Jahr. “MuskelFASSriss”, SchultereckGEDECKssprengung, Klaus “EderSTOFF”, hier wird Ihnen geholfen.
Nachholspiel suchte Inspiration für die Sommerpause und wir wurden fündig. Selten hätte Werbung in diesem
Podcast besser platziert werden können, aber das Tourismusamt Südtirol erreicht uns auch im Urlaub. Eine Reise über Coldplay in die Dolomiten bis nach Balkonien. Hach, feels jetzt schon like Heaven. Zwischendurch noch ein Kurztrip mit dem HSV in die USA und eine Stipvisite nach Bad Bentheim. Ihr müsst nicht verreisen sondern einfach diesen Podcast hören. Wir packen das Geschichtsbuch und die Mikrofone kurz in die Eistonne und melden uns in ein paar Wochen wieder. Eure drei Trainingsweltmweister.

Folge 177: Die Schande von Gijón – Geschichte geschoben

Deutschland hat den Fußball wie kaum eine andere Nation geprägt. Viermal Weltmeister, Walter Frosch, Goleo und dank der „DFB-Helden“ wie Toni Schumacher, Paul Breitner oder Karl-Heinz Rummenigge werden seither die letzten Vorrundenspiele großer Turniere zeitgleich ausgetragen. Kommt uns spanisch vor!
Schiebung ist die große Schwester von Ball-Geschiebe und das hat Deutschland mit seinem kleinen Bruder Österreich nicht im Innenhof, sondern im entscheidenden Gruppenspiel der Weltmeisterschaft in Spanien 1982 ganz neu interpretiert. Nach der Führung von Horst Hrubesch verständigten sich beide Teams die restlichen 80 Minuten auf einen „Nichtangriffspakt“. Hand in Hand in die nächste Runde. Die Passquote von 90% unterstreicht auf lächerliche Art und Weise den Staatsakt der Dreistigkeit. Das langweiligste Fußballspiel der Welt ist ein ganz dunkles Kapitel der DFB-Historie und einer der größten Skandale auf einer WM-Bühne. True-Crime-Nachholspiel betritt den Walk of Shame und dirigiert das Pfeifkonzert der Stehgeiger. Wir lassen die Geldscheine wedeln und machen den Spiel- zum Polizeibericht. Wir klären, wie die internationale Presse in der Schande eine Sternstunde feierte, warum letztlich Tante Käthe und nicht Tante Frieda zu Hause Zirkus machte, wen das betrogene Algerien trotzdem noch lieb hat und wie wichtig die richtige Betonung sein kann („Spiel ruhig, Lothar!“, hätte so in die Hose gehen können). Wir haben das Thema wie den Ball von Gijon seit Jahren hin- und hergeschoben. Jetzt ist das Ding endlich im Giftschrank.

Folge 176: Die EM 2008 (Gast: Béla Réthy)

Nachholspiel ist wie Netflix. Zu viele Themen, zu viel Angebot. Reizüberflutung! Jene Geschichte ist gut, die da noch besser, das hier hört sich interessant an. Wahnsinn…und dabei reden doch nur von einer Europameisterschaft. Nein, wir sprechen von Schweini mit blondierten Haaren. Schweini mit Löw auf der Tribüne, Schweini mit Merkel auf der Tribüne, Schweini gegen Portugal…und da sind wir gerade mal bei einem Spieler. Löws erstes Turnier als Bundestrainer, der Freistoß der Nation, Oranje-Fieber, Xavi und Pässe wie aus dem Paradies, enttäuschende Welt- und Europameister, Last-Minute-Türken gegen Last-Minute-Lahm, eine Regenschlacht und ein Blackout. Als überall der Strom ausfiel, war ZDF-Kommentatoren-Legende Béla Réthy im Halbfinale zwischen Deutschland und der Türkei als einziger unter Strom. In wenigen Minuten vom grinsenden Standbild zur Boulevard-Berühmtheit. Im Finale gegen Spanien hatte dann irgendwer auch der DFB-Auswahl den Stecker gezogen, aber das kann Mario am besten beurteilen. Als der sich nämlich in Wien ins Stadion schlich, hat er womöglich ein Kabel übersehen. Bist du deppert!? Als Euro-Volunteer fing alles an, es endete auf dem Platz als eine Mischung aus Salt Bae und Franz Beckenbauer. Nachholspiel serviert Béla und Mario, ein Anekdoten-Auflauf mit acht Schichten Käse und unzähligen Geschmacksexplosionen. Warum Kommentatoren beim Inder nur Pizza bestellen sollten, wie Mario den stummen Fernando Torres zum Reden gebracht hat und wie wir uns am Ende doch für eine Geschichte entscheiden konnten. Fußball ist eben…ach ihr wisst schon.

Folge 175: TSV Vestenbergsgreuth – richtig, wir sind’s! (Gast: Roland Stein)

Falls es einer noch nicht wusste: Tempo steht für Taschentücher, Nutella für Schoko-Aufstrich und Vestenbergsgreuth ist das Synonym für Pokal-Sensationen. Seit dem 14. August 1994 ist die Gemeinde im mittelfränkischen Landkreis Erlangen-Höchstadt das Fußballmärchen, das vor jeder ersten Pokalrunde gerne erzählt wird. Es waren mal die Amateure gegen den Rekordmeister FC Bayern. Trapattoni auf der Bank, Kahn, Matthäus, Papin auf dem Platz. Beim TSV Vestenbergsgreuth wurde dagegen am Nachmittag noch ein Kaffeekränzchen abgehalten, das hatte Tradition vor großen Spielen. Roland Stein, ein 21-jähriger Betriebsschlosser, der auf dem ausgebauten Dachboden seiner Eltern wohnte, sollte nach dem Spiel seinen Chef Helmut Hack anrufen, dass er am nächsten Tag nicht zur Arbeit kommen kann. Die 43. Minute hat er sich zwar nicht auf den Unterarm tätowiert, sein Jubel und der ins leere schauende Oliver Kahn sind allerdings bis heute auf seinem Handy als Hintergrundbild verewigt. Der Titan als nostalgische Pushnachricht, das Wunder lebt weiter, immer weiter. Roland ist womöglich der bescheidenste Bayern-Bezwinger, den wir kennenlernen durften. Aber auch der abgeklärteste. Sein Gegenspieler war Weltmeister Jorginho und Matthäus hat er beim Treffer auch höchstens peripher wahrgenommen. Ist ja auch schon lange her. Und da überrascht es auch nicht, dass sein Pokal-Knaller natürlich nicht das schönste Tor seiner Karriere war. Vielleicht auch, weil es in Rolands Leben wichtigere Dinge als den Fußball gab. Märchenstunde bei Nachholspiel. Mit den haarigen Ungeheuern Harry Koch Wolfgang Rolff und Wolfgang Petry auf einem Foto. Vom Schweinestall zum FC Schweinfurt und wenn die French Open nicht irgendwann beendet sind, lebt Mario noch heute mit Eurosport-Kommentator Matthias Stach in einem Büro voller Tennisbälle.

Folge 174: Die Hertha-Bubis – einmal mit Profis arbeiten (Gast: Andreas Schmidt)

Jedes Jahr träumt Hertha BSC vom Pokalfinale. Olympiastadion, heimische Kulisse, ganz Berlin endlich mal im kollektiven Fußball-Rausch. „Kenn ick, weeß ick, war ick schon!” #hahohä?!
1993 hatten die Hertha-Amateure tatsächlich eine Hand am Pokal. Sie waren ehrgeizig, empathisch, erfolgreich und gerade so erwachsen. Der spätere Nationalspieler Carsten Ramelow war 19 Jahre alt, sein ältester Teamkollege 23. Finalgegner Leverkusen gewann zwar mit 1:0, die Geschichte war aber längst historisch. Berlin, Berlin, wir bleiben in Berlin. Der Soundtrack einer nie enden wollenden Klassenfahrt durch die Hauptstadt. Vom Sportplatz bis ins ausverkaufte Olympiastadion.
Während die Profis frühzeitig aus dem Wettbewerb flogen und in der 2. Liga stagnierten, avancierte Hertha II zur Nummer 1: Bubi City Club, das Original! Auf dem Sprung zu den Profis schon schwerelos gefühlt oder: wenn die Karriereleiter zur Rolltreppe nach oben wird. Hertha-Legende Andreas Schmidt durfte diese verrückte Erfahrung sogar mit seinem Zwillingsbruder Oliver erleben. Wir fassen zusammen: Ramelow bei Ranissimo, Stepanovic erst weg und wieder da, auf einmal kommt „Calli“ und dann eben diese legendäre Truppe aus Fußballern und Kämpfern.

Folge 173: HSV per „Heber-Hammer“ zum Europapokal-Sieg

Es gibt die gewollten und die ungewollten Traumtore, die Geschichte schreiben. Der Rest ist Mythos oder Magath: „Wenn sie jetzt einen Ball hätten, würde ich es ihnen nochmal zeigen.“ Boom! Hamburgs „Heber-Hammer“ hatte am 25. Mai 1983 das Endspiel um den Europapokal der Landesmeister gegen den haushohen Favoriten Juventus Turin entschieden. Das Bild vom chancenlos hinterherschauenden Weltmeister-Torwart Dino Zoff ist fast genauso legendär, wie die Beschreibung des Treffers von HSV-Ikone Lotto King Karl. Also doch nur ein Sonntagsschuss? Der größte Erfolg der Vereinsgeschichte hat den Dino unsterblich gemacht und eine ganze Mannschaft samt Pokal mit in die Vitrine gestellt. Der bekloppte Uli Stein, Türsteher Dietmar Jakobs, Flankengott „Manni“ Kaltz, die „Frisur“ Wolfgang Rolff, Kopfballungeheuer Horst Hrubesch und eben „Ich-würde-es-ihnen-nochmal-zeigen-Magath“. Auf der Bank saß der geniale Grantler Ernst Happel, der nie ein Wort zu viel sagte, seinen Kaffee mit Weinbrand trank und fernab des Fußballs den ganzen Tag vor der Glotze saß. Und nebenbei mit Raumdeckung alles revolutionierte. Beim besten Spieler der Welt machte der Österreicher auch mal eine Ausnahme. Michel Platini wäre im Finale von Athen aufgrund der nervtötenden Manndeckung am liebsten nach 60 Minuten frustriert vom Feld gegangen. Nachholspiel dreht Kurt Emmerich auf, lässt Juves Schlächter und Playboys auf die Bühne, sitzt mit Jimmy Hartwig im Sportstudio und fliegt gemeinsam mit dem „Heber-Hammer“ nochmal in den Winkel.
Wir klären, warum Felix Magath heute noch mit Herzchen an vielen Häuserwänden in Rom oder Neapel stehen dürfte, Mario ausnahmsweise mal nicht im Stadion war, Turins damaligen Coach Giovanni Trapattoni aber trotzdem erlebt hat und warum der HSV nach dem Erfolg nicht die Reeperbahn zerfeiert hat. In dieser Folge halten nur die Zeitlupen nicht ihr Versprechen, ansonsten wird wie gewohnt alles doppelt und dreifach festgehalten und besprochen.

Folge 172: Wembley 2013, 89. Minute (Gast: Uli Köhler)

Ein Finale hat manchmal zwei Sieger und doch diesen einen Moment. Bayern München und Borussia Dortmund hätten uns womöglich noch bis zur nächsten englischen Krönung mit ihrem schönen Spiel begeistert, wenn sich König Arjen nicht vorher die Krone aufgesetzt hätte. Nach dem ersten deutschen Champions-League-Endspiel der Geschichte wollte die internationale Presse am liebsten alle Spieler auf den Schultern vom Platz tragen. Nur den Riesen Javi Martínez hätte keiner hochheben können.
Deutschland war wochenlang vor dem Duell eine rote und schwarz-gelbe Breaking News, „interessiert mich nicht“ gab’s nicht! Kein Wunder, die Bayern und der Final-Fluch, Dortmund und die fette „Pöhler-Party“ nach dem Tanz durch Europa. Und klar, wenn es spannend und legendär wird, ist Uli Köhler nicht weit. Unser ewiger Zeitzeuge hat Wembley aufgesaugt und beschreibt bei uns jede Sekunde des Spiels wie eine eigene Heldengeschichte. Auch die der Rasenmäher-WM im Vorfeld. Am Ende ist es die 89. Minute, die alle sprachlos zurückgelassen hat. Die drei Dortmunder-Verteidiger, die Roben mit einer flüssigen Bewegung stehen gelassen hat. Roman Weidenfeller, der zuvor Real Madrid alleine besiegt hatte und nun von einem platzierten Schüsschen geschlagen wurde. Und natürlich die Bayern, die Wembley immer mit Robben verbinden werden.