Folge 111: Die Schande von Istanbul – viele Fäuste und kein Halleluja (Gast: Nick Golüke)

Es waren nach Abpfiff Szenen wie in einem schlechten Bud Spencer- und Terrence Hill-Film. Tritte, Schläge, ein großer Haufen Chaos in den Katakomben. Eines der letzten Tickets für die WM in Deutschland ging an die Schweiz und nicht an die erwartungsvollen Türken, die sich daraufhin als unfassbar schlechter Verlierer herausstellten. Emotionen führten zur Eskalation. Erst auf den Rängen, dann auf dem Platz, schließlich im Spielertunnel. Mittendrin unser Gast und damaliger ARD-Reporter Nick Golüke. Dieser stellte am Abend beruflich noch Fragen, um nach den Vorfällen vom 16. November 2005 als einziger Kronzeuge vor Gericht Antworten geben zu müssen. Nachholspiel macht mal wieder einen auf Aktenzeichen XY gelöst aka ungelöst und sucht nach Erklärungen. Waren es die Provokationen im Hinspiel, die Schikane am Flughafen oder der Feierabendverkehr in Istanbul? Eine Folge aus der Reihe “Crime Podcast” unter anderem mit “Profiler” Mario.

Folge 109: Ein Hoch auf „Uns Uwe“ (Gast: Ole Zeisler)

So Freunde, einmal zum Spalier aufstellen: der “Dicke“ wird 85! Ob bei seiner Hochzeit, nach der WM ’66 oder nach seinem unfassbaren Hinterkopftor – Hamburgs lebendem Denkmal wurde immer der große Bahnhof bereitet. Ins schöne Italien, wo Mario gerade seinen Urlaub genießt, wollte „Uns Uwe“ nie hin. Inter hatte ihm so viel Geld geboten, dass ihn die Mannschaftskollegen sogar mit Blumen zum Flughafen gebracht hätten. Aber: Nur der HSV! Einer des besten Stürmer der Welt wollte eben immer nur Fußball spielen und ist dabei so herrlich normal genial geblieben. Warum Seeler keiner für die wilden 70er war, Wayne Rooney sein englischer Klon sein könnte und wie es Pierre-Michel Lasogga und Philipp Bargfrede tatsächlich noch in eine Legendenfolge geschafft haben, erklärt „Doppelsechs“-Herausgeber Ole Zeisler. Als NDR-Autor hat er dem ewigen Pfundskerl einen Film zum 85. Geburtstag geschenkt. Ein Streifen über Pils und Kuchen, einen schimpfenden Rohrspatz und Seelers schönsten Erfolg – Ehefrau Ilka. Eine Folge zwischen Wikipedia und Werkstattgespräch, ein herrlicher Schnack mit Ole über Uwe.

Folge 108: Alfredo Di Stéfano – Godfather of Real Madrid

…kleiner hatten wir es nicht. Ist es doch kaum möglich, diesem Namen in wenigen Zeilen gerecht zu werden. Denkt an alle Fußball-Legenden bei Nachholspiel und dann setzt ihr auf das ohnehin schon eindrucksvolle Denkmal noch eine Krone. Alfredo Di Stéfano – König der Königlichen. Mensch und Mythos, Fußballer und Futurist. Der “blonde Pfeil” sprengte die fußballerische Biederkeit der 50er und schwebte über dem Spiel, erst im blauen, dann im weißen Ballett, und das ohne jemals abzuheben. 216 Tore in 282 Partien, fünfmal in Folge Europapokal-Sieger mit Real. Übersetzt: er war der sauschnelle Zidane mit noch mehr Torgefahr. Raúl, Ramos und Ronaldo würden ihn noch heute ohne mit der Wimper zu zucken jeden Elfmeter schießen lassen. Darüber allein hätten wir schon drei Stunden reden können, aber das war noch nicht alles in seiner Karriere. Der gebürtige Argentinier wäre eigentlich beim FC Barcelona gelandet, damals gab es aber noch keinen Max Bielefeld und vor allem keinen gewieften Anwalt mit Schwerpunkt Transferrecht. Der beste Fußballer der Welt hat für drei Nationen gespielt, aber nie bei einer Weltmeisterschaft. Di Stéfano wurde in Venezuela entführt, zockte mit seinen Entführern aber Karten und kurz nach seiner Freilassung wieder Fußball. Jaja, kein Spieler ist größer als der Verein. Korrigiere: Alfredo Di Stéfano ist der Verein! Das Nachholspiel-Postfach war voll mit seinem Namen, nun haben wir endlich geliefert und das hat sich sowas von gelohnt.

Folge 107: WM 2003 – Golden Goal…und jetzt? (Gäste: Ariane Hingst und Carsten Flügel)

Torschützin Nia Künzer wusste am 12. Oktober 2003 um ihren Eintrag ins Geschichtsbuch, viele ihrer Mannschaftskolleginnen hätten in der 98. Minute fast weitergespielt. Wenn du gerade zum ersten Mal Weltmeisterin geworden bist, kannst du dein Glück eben kaum fassen. Wer soll auch diese Golden-Goal-Regel verstehen, mit der die DFB-Frauen zwei Jahre zuvor schon Europameister wurden?! Übrigens auch in der 98., auch gegen Schweden. Diesmal feierten beide Nationen aber tatsächlich gemeinsam auf der Tanzfläche. NDR-Kommentator Carsten Flügel hatte es sofort gecheckt und mit überschlagener Stimme in die heimischen Wohnzimmer geschrien. Millionen Zuschauerinnen und Zuschauer waren im WM-Fieber, genau wie Bundestrainerin Tina Theune-Meyer auf der anschließenden Party, im wahrsten Sinne des Wortes. Sie trug die Frisur von Nena und spielte ihre Hits als Heißmacher. „Anyplace, Anywhere, Anytime“ steht übrigens ab jetzt auch auf unserem Display, wenn Ariane Hingst anruft. Die Weltmeisterin von 2003 und 2007 hat nicht nur einen ansteckenden Humor, ihr fallen während des Gesprächs auch die besten Geschichten wieder ein. Prädestiniert für Nachholspiel, deswegen darf sie auch Stau-König Mario in den ersten Minuten sympathisch vertreten.

Folge 106: David Beckham – Wannabe my Lover? (feat. Martin Tyler)

Noel Gallagaher hat ihn gehasst, ganz England zwischenzeitlich verflucht. Wenn du aber „Beckham Greece Freekick“ bei Google eingibst, ist es immer wieder Liebe auf den ersten Kick. Wer das Mutterland des Fußballs in der Nachspielzeit zur WM schießt, ist der Liebling der Nation und eine Legende fürs Leben. Es war im Old Trafford die Entscheidung eines Ausnahmespielers: “It’s too far for you, Teddy Sheringham”. Auf Beckhams Visitenkarte steht der 6. Oktober 2001 ganz fett, darunter Frisur, Flanken und eben diese geilen Freistöße. Seine Karriere hatte alles. So tell me what you want, what you really really want? Victoria heißt sein größter Sieg, Sir Alex Ferguson flucht noch heute: Spice Girls, bloody Hell. Warum Olli in Hameln die Rückennummer 7 trug, Mario dreimal Frauke Ludowig sieht und Hans sich fragt, ob der Glamourboy auch grätschen konnte.

Folge 105: Tom meets Nachholspiel II (Gast: Thomas Broich)

Ja, er sitzt immer noch bei uns und es fühlt sich so an, als würden wir gemeinsam in seiner alten Kölner WG am Küchentisch hocken und über das Leben philosophieren. Der filigrane Edeltechniker war keine Lichtgestalt, vielmehr der Lichtblick damals im Land der „Rumpelfußballer“. In der Bundesliga hatte er alles, was sich die Kids in den Nachwuchsleistungszentren heute wünschen: Trainerpersönlichkeiten, prominente Mitspieler und in der Kicker-Umfrage „Aufsteiger des Jahres“ den dritten Platz, noch vor Bastian Schweinsteiger. Am Ende war sein Werdegang irgendwas zwischen Advocaat und Avantgarde. Sein Touch war besser als von jedem anderen, das Gefühl für das Profidasein sollte er aber nie entwickeln. Nachholspiel reist mit Thomas Broich in der Zeit zurück und begibt sich mit ihm auf eine mentale, durch Selbstreflexion geprägte Reise zu (s)einem übermütigen, unreifen Charakterkopf.

Folge 104: Tom meets Nachholspiel I (Gast: Thomas Broich)

„Auslaufen war immer schwimmen gehen” – ein Satz wie eine Surfwelle. Thomas Broich fand in Australien die Leichtigkeit, die ihm in Deutschland zum Verhängnis wurde. Von den Mannschaftskollegen „Mozart“ getauft, in den Medien als Fußballintellektueller abgestempelt, im Profigeschäft erst gefeiert, dann gescheitert – ihr kennt die Doku von Aljoscha Pause. Broich hatte seinen Horizont immer schon erweitert und am Ende der Karriere sollte die Sonne für ihn nochmal bei Brisbane Roar aufgehen. Hang Loose statt Hangover, plötzlich oben auf in Down Under. Nach drei Meisterschaften wurde der einstige DFB-Hoffnungsträger im September 2014 zu Australiens Fußballer des Jahrzehnts ausgezeichnet. Bis heute weiß er nicht so wirklich warum. Wir jetzt schon! Nachholspiel reist ans Ende der Welt, um einen unerwarteten Neuanfang zu verstehen. Thomas Broich bekommt Gänsehaut und Schockstarre am Telefon. Du solltest da unten eben niemals nachts mit Bierchen ins Meer springen. Im Haifischbecken Profifußball hat er sich mutig freigeschwommen. Einzelkämpfer sind keine Unterschiedsspieler und Selbstreflexion ist nachhaltiger als Selbstdarstellung. Wir hätten ihm Stunden zuhören können. Oder anders gesagt: Tom meets the (Podcast)-Crew! Naja, klingt fast wie Zizou…

Folge 103: Pernille Harder – “No Million Dollar Baby” (Gast: Henner Janzen)

Die Dänin Pernille Harder wechselte im September 2020 für eine kolportierte Ablöse von 350.000 Euro vom VfL Wolfsburg zum FC Chelsea. Was klingt wie ein Schnäppchen, ist der teuerste Transfer der Welt! Überrascht? Wir haben uns die Augen gerieben. Transfermarkt.de zeigt uns inzwischen eben mehr Ziffern als ein Schweizer Konto. Im Frauenfußball bleiben Neymars 222 Millionen eine Fantasie-Summe. Und das ist auch gut so. Oder etwa nicht? Der Vergleich zu den Männern hinkt und trotzdem ist er im globalen Kontext hochgradig spannend zu diskutieren – das machen wir mit Spielerinnenberater Henner Janzen.
Warum Rekord-Harder nur der Anfang ist, reine Frauenfußballvereine in Zukunft große Probleme bekommen könnten und Nachholspiel im Merch-Shop so langsam auch mal Trikots verkaufen sollte.

Folge 102: 9/11 – Nicht die schönste Nebensache der Welt (Gast: Dirk Oberschulte-Beckmann)

Im Speisesaal des Schalker Mannschaftshotels schauten alle paralysiert auf den Fernseher. Breaking News, Flugzeuge im World Trade Center, Rauch über Manhattan. Am 11. September 2001 stand die Welt still, doch in Europas Stadien sollte am Abend der Ball rollen. Der Sport ist neutral, argumentierte die UEFA und ließ alle Spiele in der Champions League anpfeifen. Eine absurde Entscheidung, eine absurde Veranstaltung. Für Schalke sollte es die große Premiere werden. Königsblau in der Königsklasse. Und dann auch noch in der neuen Arena. Doch alles war anders. Schweigeminute statt pompöser Show. Trauerspiel statt Traumtore. Stadionsprecher Dirk Oberschulte-Beckmann war mittendrin und kann bis heute nicht fassen, dass nach den schlimmsten Terroranschlägen der Geschichte Fußball gespielt wurde. Er spricht mit Nachholspiel über die Schalker Standleitung ins Krisenzentrum Kanzleramt, über ein ausverkauftes, gefühlsleeres Stadion und über feiernde Spieler des Gegners Panathinaikos Athen.

Folge 101: Wayne Rooney – overrated or underrated (feat. Martin Tyler)

Mit neun Jahren hat er sich gegen die Reds und für die Toffees entschieden. Ein schüchterner Charakterkopf und doch so reich an Skandalen. Wayne Rooney, Englands letzter Straßenkicker, der Malocher mit Zauberstab, der Typ, den du nicht sofort in deine Legenden-Elf packst, obwohl er den besten Fallrückzieher der Premier League bei YouTube geparkt hat. Als Kind schlug er auf Boxsäcke ein und prügelte auf dem Fußballplatz die Bälle in den Winkel. Der 16-Jährige bolzte nach seinen ersten Auftritten in der Premier League immer noch mit den Kids in der Nachbarschaft, während die Teamkollegen im Pub den Sieg feierten. Dafür bezahlte er seine erste Prostituierte mit einem Autogramm. Rooney war als Fußballer frühreif, als vierfacher Familienvater lässt er die Reife bis heute vermissen. „Who are you“ skandierten die gegnerischen Fans bei seinem ersten Auftritt, „Remeber the name!“ rief der Kommentator nach seinem Premierentreffer. Er ist Rekordtorschütze von Man United und den „Three Lions“, hat aus sämtlichen Pokale getrunken und bekommt in jedem Pub Freibier. Und trotzdem steht er gefühlt in der Ahnengalerie hinter Charlton, Shearer oder Beckham. Wayne interessiert’s? Nachholspiel natürlich! Deshalb haben wir wieder unseren Mentor Martin Tyler angerufen und Mario schwärmen lassen. Das Mutterland des Fußballs trifft die Mutter der Diskussionen.